Donnerstag, 23. Februar 2023

historischer Roman: "Unter den Linden 6" - Ann-Sophie Kaiser

[Werbung, unbezahlt]


Ann-Sophie Kaiser "Unter den Linden 6"
 

(
© Ullstein)

Erscheinungstermin: 15.06.2020
Verlag: Kindler
Format: broschiert
Reihe: /
Seitenzahl: 464
Preis: 14,99€

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Berlin, 1907: Die junge Wissenschaftlerin Lise kommt nach ihrer Promotion an die Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden, um bei Max Planck zu forschen. Dass Frauen in Preußen offiziell noch nicht an Universitäten zugelassen sind, kann sie nicht aufhalten. Schon bald arbeitet sie neben Otto Hahn. Das Schicksal führt sie mit zwei Frauen zusammen: Hedwig musste die Unterschrift ihres Mannes fälschen, um die Uni besuchen zu können – denn ohne die Zustimmung des Ehemannes geht nichts. Anni arbeitet als Dienstmädchen beim berühmten Friedrich Althoff und liest sich heimlich durch dessen Bücherregal. Die drei unterschiedlichen Frauen werden zu engen Verbündeten, die gemeinsam um ihr Glück, die Liebe und das Recht auf Wissen und Bildung kämpfen. Denn die Widerstände in der männlichen dominierten Universitätswelt sind hoch."


Zur Autorin:
Ann-Sophie Kaiser ist eine in Berlin geborene Schriftstellerin. Sie studierte ein Semester Physik bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Dies ist ihr erster historischer Roman. [Vergleiche: https://www.ullstein.de/urheberinnen/ann-sophie-kaiser, 22.02.2023]
 
 
Zum Cover: 
Das Cover ist eher schlicht gehalten und weicht etwas von dem typischen historischen Roman über wichtige weibliche Charaktere ab. Man sieht zwar alle drei Protagonistinnen auf dem Cover, jedoch ist der Hintergrund dezent in einem ocker-Ton gehalten, in dem man die Berliner Universität erkennen kann. Das Cover hat mich damals angesprochen und auch heute noch finde ich es angenehm.

Zum Buch:

In diesem Buch spielen drei junge Frauen die Hauptrolle. Jede bekommt ihre eigenen Kapitel, jedoch treten sie auch in den Kapiteln der jeweils anderen regelmäßig auf. 

Zum einen ist dort Lise Meitner, die bereits in Wien Physik studiert hat und nun nach Berlin kommt, um dort bei Professor Planck weiterzustudieren. Jedoch muss sie direkt feststellen, dass die Bildungsmöglichkeiten in Preußen für Frauen ganz andere sind als in Österreich. Frauen an der Universität sind nicht erwünscht, brauchen diverse Genehmigungen von Ehemännern oder Vätern sowie von den Professoren bei denen sie dann auch lediglich Gasthörerinnen sein dürfen, jedoch keine Abschlüsse machen können. Lise wird als sympathische junge Frau dargestellt, die trotz ihrer Bildung und ihrem Rang für alle zugänglich ist und sich durchaus unterzuordnen weiß, um voran zu kommen. Die aber auch immer wieder ihre Rolle hinterfragt und gerne mehr gesehen werden würde. Ihre Kapitel sind jedoch mit viel Physik gespickt, die es mir am Anfang doch etwas schwer gemacht hat. Aber wenn man sich darauf einlässt, wird auch diese Thematik interessant rübergebracht.

Die zweite ist Hedwig Brügger, eine unglücklich verheiratete Frau, die für mehr Bildungschancen für Frauen kämpft. Durch sie erleben wir, wie sich das preußische Bildungssystem verändert, wie viel weiblicher Einsatz dahintersteckt, aber auch wie viele politische Gerangel auf der männlichen Seite. Wie kleinschrittig es geht und wie sehr jeder Fortschritt immer wieder von Männern blockiert oder erschwert wird, auch wenn mit der Zeit gewisse Möglichkeiten entstehen. Auch sie war mir sympahtisch, wenn auch sehr radikal. Für Hedwig gibt es nur schwarz oder weiß, alles oder nichts, womit sie sich manchmal selbst im Weg steht, jedoch gemeinsam mit anderen auch Fortschritte für Frauen erkämpft.

Und zu letzt ist da Anni, ein Dienstmädchen, das sich gerne in den Bibliotheken ihrer Dienstherren rumtreibt und der bei ihrer neuen Anstellung auf einmal ganz neue Möglichkeiten offen stehen. Sie nutzt kleinschrittig ihre Chancen auf Bildung, zweifelt immer wieder daran, ob es ihr als Dienstmädchen überhaupt zusteht und geht mit Hilfe ihrer Freundinnen Lise und Hedwig schließlich doch ihren Weg. Anni wirkte auf mich naiv was das Leben, die Männer und ihre Lebenschancen anging. In Bezug auf ihre Bildung war sie jedoch sehr zielstrebig, wobei man deutlich sehen muss, dass sie all diese Chancen nur bekam, da sich ihre Hausherrin ebenfalls für bessere Bildungschancen von Frauen einsetzte.

All diese Geschichten um das preußische Bildungssystem, die Bildungschancen der Frauen sind dazu mit in die Zeit passenden Liebesgeschichten hinterlegt, die jedoch nicht in den Fokus rücken. Vor allem für Lise und Hedwig steht Bildung stets vor der Liebe, auch weil sie als Ehefrauen widerum weniger Freiheiten und Möglichkeiten hätten zu Arbeiten und sich weiterzubilden. Immer wieder wird auch hinterfragt, ob man sich nicht einfach mit dem zufrieden geben soll, was man bisher erreicht hat. Ob man nicht dauerhaft unzufrieden durchs Leben geht, wenn man immer mehr erreichen möchte und warum Frauen nicht, wie Männer, beides haben können: Bildungschancen, einen Beruf und Familie. Dadurch ist das Buch trotz seines historischen Rahmens aktuell wie nie und zeigt zudem auf, was schon erreicht wurde und was auch heute noch fehlt. 

 
Fazit:
Dieses Buch ist so viel mehr als nur ein historischer Roman. Er zeigt uns die Bildungschancen der Frauen aus diversen Schichten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Preußen auf, aber auch den Willen, etwas zu verändern, den Überdruss mit der Benachteiligung und immer wieder Fragen, die bis heute noch aktuell geblieben sind.

Leseempfehlung:
Wer sich von ein wenig mehr Physik nicht abschrecken lässt, der bekommt hier einen sehr interessanten historischen Roman mit eindeutig feministischer Note!
 

Rating:

15 von 15 Punkten

 

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    dieses Buch habe ich auch gelesen und es hat mir ebenfalls sehr gefallen.
    Und hey: 15 von 15 Punkten! Solch ein Bewertungssystem habe ich noch nirgendwo gesehen.
    Ich vergebe immer nur bis zu fünf Sterne, so wie in diversen Buch-Communities.
    LG P.

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    Antworten
    1. Hallo Petra,

      wie schön, dass dir das Buch auch gefallen hat! Ich habe es noch gar nicht so oft in der Community gesehen, obwohl es auch nicht neu ist.

      Hehe, ja, die Bepunktung und ich... Vor ein paar Jahren (2, vielleicht 3?, nicht sicher) war ich mit den 5 Sternen nicht mehr zufrieden, es war mir nicht differenziert genug. Bücher schnitten gleich ab, die bei mir aber ein sehr unterschiedliches Gefühl hinterlassen haben. Dann habe ich erstmal auf 10 Punkte erhöht, aber davon bin ich sehr schnell weggekommen, da es kaum einen Unterschied zu machen schien. Mit den 15 Punkten bin ich zufrieden, da passt es häufig. Aber ja, auf den diversen Plattformen muss ich dann wieder auf die 5 Sterne gehen, das lässt sich nicht vermeiden, außer ich bewerte dort gar nicht. :-/

      Liebe Grüße,
      Sandra

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