Dienstag, 28. Juni 2022

Sachbuch: Irene Vallejo "Papyrus: Die Geschichte der Welt in Büchern"

[Werbung, Rezensionsexemplar von Lovelybooks]


Irene Vallejo "Papyrus: Die Geschichte der Welt in Büchern"
 

(
© Diogenes)

Übersetzung: Maria Meinel, Luis Ruby
Erscheinungstermin: 27. April 2022
Verlag: Diogenes
Format: Gebunden
Reihe: /
Seitenzahl: 752 (662 + Danksagung, Quellenverzeichnis, weiterführende Literatur & Register)
Preis: 28,- €

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Das Buch ist eine der schönsten Erfindungen der Menschheit. Bücher lassen Worte durch Zeit und Raum reisen und sorgen dafür, dass Ideen und Geschichten Generationen überdauern. Irene Vallejo nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Reise durch die faszinierende Geschichte des Buches, von den Anfängen der Bibliothek von Alexandria bis zum Untergang des Römischen Reiches. Dabei treffen wir auf rebellische Nonnen, gewiefte Buchhändler, unermüdliche Geschichtenerzählerinnen und andere Menschen, die sich der Welt der Bücher verschrieben haben."


Zur Autorin:
Irene Vallejo ist eine in Spanien geborene Autorin, die klassische Philologie studierte und so ihre Liebe zur Antike entdeckte. Bislang schrieb sie zwei Romane und zahlreiche Kinderbücher, dies ist ihr erstes Sachbuch. In wöchentlichen Kolumnen in "El País Semanal" und "Heraldo de Aragón" berichtete sie bereits zuvor über die Antike. Dieses Sachbuch wurde in Spanien mit den wichtigsten Literaturpreisen des Landes ausgezeichnet. [Vergleiche: https://www.diogenes.ch/leser/autoren/v/irene-vallejo.html, 19.06.2022]
 
Zum Cover: 
Das Cover ist schlicht gehalten und rückt eine Papyrusblüte in den Vordergrund, was natürlich perfekt zum Titel und Inhalt des Buches passt. Die goldenen Elemente lassen das Buch sehr edel wirken. Es ist jedoch eins der wenigen Cover, die für mich digital mehr her machen als dann in der Realität. Irgendwie geht für mich ein bisschen was der edlen Optik im Print verloren.

Zum Buch:
Das Buch ist grob in zwei Bereiche gegliedert: Griechenland und Rom. Zu Beginn steht ein Prolog, danach folgen viele Kapitel, die im damaligen Griechenland spielen und in denen wir von der Zeit Alexander des Großen bis hin zur fließenden Machtübernahme Roms die Entwicklung der Schrift, der Art zu Schreiben, der Bibliotheken und dem Wert der Bücher erfahren. In den Kapiteln über Rom geht es weniger um das Reich selbst, sondern eher um Buchhändler, öffentliche Bibliotheken, die Zensur im Laufe der Harhunderte, die Frage nach einem Klassiker und Kanon sowie die Rolle der Frau als Autorin.

Das Buch ist in einem ganz besonderen Stil geschrieben, da es sich nicht unbedingt wie ein Sachbuch liest, sondern eher wie eine Art Roman. Trotzdem erfährt man sehr viel über das Leben der Menschen, die Sitten und Gebräuche, die Expansion, Kriege, das Leben der Frauen und Mädchen, etc. Es ist keinesfalls ein Buch, das sich ausschließlich dem Thema "Bücher" widmet. Dieses Thema ist eingebettet in alles andere, was damals passiert ist, wie sich das Leben in der Antike entwickelt hat und wie Bücher dabei eine Rolle spielten. Manchmal kommen sie über Seiten hinweg gar nicht vor, um dann wieder in den Vordergrund zu rücken. Wer sich also gar nicht für Geschichte interessiert, wird an diesem Buch wenig Freude haben. 
Außerdem springt die Autorin immer wieder in den Jahren hin und her, mal befindet man sich mehrere Hundert Jahre vor Christus, dann wieder kurz davor oder kurz danach. Zudem streut sie auch gelegentlich persönliche Anekdoten ein. Diese machen zwar ihren Bezug zu Büchern deutlich und grundsätzlich versucht sie diese auch in historische Beispiele einzubetten, jedoch hätte ich es in einem Sachbuch nicht benötigt. 
Was mir gut gefallen hat, ist, dass sie bei historisch nicht einwandfrei belegten Details dieses auch ganz ausdrücklich schreibt. Sie lässt nichts als Fakten stehen, was historisch nicht sicher nachgewiesen ist. Hier und da spekuliert sie dann mit ihrem breiten Fachwissen selbst, macht jedoch auch das immer kenntlich. Dies hat es für mich einfacher gemacht, zu entscheiden, welchen Dingen ich bedenkenlos Glauben schenken kann und an welchen Stellen ich mir auch selbst Gedanken machen darf, selbst spekulieren.

Mich haben diverse Kapitel im Buch sehr beeindruckt. Wie skeptisch man zu Beginn gegenüber der Verschriftlichung von Geschichten gewesen ist, ist für mich zwar im Nachhinein absolut nachvollziehbar, da Menschen gegenüber etwas Neuem ja immer zuerst skeptisch sind, aber da für uns das geschriebene Wort nicht wegzudenken ist, hat es mich im ersten Moment doch überrascht. Dass man es als Nachteil angesehen hat, sich auf eine Version einer Geschichte festlegen zu müssen, muss man erst im historischen Zusammenhang begreifen. 
Es war auch beeindruckend wie viel Mühe die Menschen sich beim Erhalt der Werke gegeben haben, dass Bücher immer wieder abgeschrieben werden mussten, um nicht zu verschwinden. Interessant ist dabei der Gedanke, dass wir in der Gegenwart nun nur noch die Auswahl kennen, die die Menschen vor tausenden von Jahren als wichtig genug zum immer wieder Abschreiben hielten. Alles andere ist verloren gegangen. 
Auch die Gründung der Bibliotheken, wie sie wohl ausgesehen haben und auf welche Art und Weise sie gefüllt wurden, war spannend zu lesen. Aber auch die traurige Wahrheit, dass Bücher als kulturelles Gut, oft zerstört wurden. Bereits in der Antike, aber leider auch immer wieder im Verlauf der Geschichte bis hin zur Gegenwart. Dass insbesondere Bibliotheken in Kriegen angegriffen wurden, um Menschen ihre Kultur zu nehmen oder Bücher aus idiologischen Gründen verbrand wurden.
Interessant war auch zu lesen, dass im frühen Rom das Lesen und Schreiben eher eine Aufgabe der Sklaven war, bis man herausfand wie mächtig lesende Menschen eigentlich sind und man ihnen diese einmal erlernte Fähigkeit nicht wieder nehmen kann und es ihnen dann im Laufe der Geschichte verboten wurde.

Aber auch so viele andere Aspekte waren von Interesse, die kann ich hier gar nicht alle auflisten und meine Gedanken dazu beschreiben, denn es wären schlicht zu viele.

Fazit:
Dieses Sachbuch ist aufgrund seiner Sprache ein ganz außergewöhnliches Werk. Es ist sehr umfangreich, jedoch mit einem ebenfalls sehr ausführlichen Quellenverzeichnis unterlegt. Alles was historisch nicht einwandfrei belegt ist, kennzeichnet die Autorin, sodass man ein, soweit ich es beurteilen kann, sachlich korrektes Buch vor sich liegen hat. Man erfährt bei der Lektüre nicht nur einiges über die Entwicklung der Bücher, sondern ebenfalls über das Leben in der Antike und die historische Entwicklung zur damaligen Zeit. Lediglich auf die persönlichen Anekdoten hätte ich verzichten können.

Leseempfehlung:
Wer sich außer für Bücher auch für Geschichte interessiert, findet in "Papyrus: Die Geschichte der Welt in Büchern" eine recht ausführliche Zeichnung des Lebens seit der Antik mit Schwerpunkt Literatur. Für diejenigen, die sich für beide Themen interessieren, ist das Buch wirklich ein Schatz. Alle anderen werden sich damit wohl schwer tun.
 

Rating:

14 von 15 Punkten

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2 Kommentare:

  1. Liebe Sandra

    Einerseits klingt das wirklich toll, aber gleichzeitig stört es mich manchmal auch sehr stark, wenn sehr viele historische Details vom eigentlichen Sachthema "ablenken", verstehst du, was ich meine? Wahrscheinlich sollte ich mir aber einfach einmal eine Leseprobe ansehen, dann kann ich sicher schnell abschätzen, ob das Buch etwas für mich sein könnte.

    Alles Liebe
    Livia

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    1. Hallo Livia,

      ja, ich weiß, was du meinst. Dann ist das Buch wahrscheinlich eher nichts für dich, würde ich jetzt mal so schätzen. Ich habe es geliebt, weil mich das ganze historische drum herum auch sehr interessiert, so dass ich es gar nicht schlimm fand, wenn es mal ein paar Seiten lang nicht um Bücher ging. Lediglich die persönlichen Erfahrungen der Autorin hätte ich nicht gebraucht.

      Liebe Grüße,
      Sandra

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