[Werbung, Rezensionsexemplar]
Preis: 24,-€
"März 1945: Amerikanische Verbände haben Köln erreicht. Trotz der Durchhalteparolen aus Berlin ist der Widerstand gering, die Stadt wie ausgestorben. Kaum mehr 20.000 Menschen leben in den Trümmern. Doch die Amerikaner erobern nur einen Teil der zerstörten Metropole, denn der Rhein bildet wochenlang die Front. Unlängst wurde die Domstadt noch einmal schwer bombardiert. Ein abgeschossener Pilot stürzte dabei mit seinem Fallschirm mitten hinein ins Chaos und wurde Opfer eines feigen Lynchmords. Nun soll der junge amerikanische Soldat Joe Salmon, eigentlich Joseph Salomon, ein Kölner Jude, der nach der Reichskristallnacht mit knapper Not in die USA emigrieren konnte, den Fall klären. Joe sucht den Mörder oder die Mörderin tatsächlich aber sucht er insgeheim noch zwei andere Menschen, die er einst in der Heimat zurücklassen musste: Jakub und Hilda, seinen besten Freund und die Frau, in die er hoffnungslos verliebt war. Auf verschlungenen Pfaden nähert Joe sich der Lösung des Falls und der eigenen Vergangenheit und begegnet dabei historischen Persönlichkeiten, die im März 1945 in Köln gelebt und gewirkt haben: George Orwell, Konrad Adenauer, Hans Habe, Irmgard Keun."
Das Buch startet mit einem Kapitel aus der Teenagerzeit des Protagonisten Joeseph Salomon alias Joe Salmon. Man lernt ihn, einen Juden, seinen ebenso jüdischen Kumpel Jakub sowie ihre deutsche Freundin Hilda und ihren Bruder Paul kennen. Paul ist auf seine Schwester angewiesen, was sehr deutlich wird, auch wenn der Autor nicht näher darauf eingeht, ob es eine geistige Behinderung, etwas aus dem Autismus-Spektrum oder etwas anderes ist, das ihm ein eigenständiges Leben nicht ermöglicht. Der Schreibstil in diesem Kapitel war großartig! Es hat mich sofort in seinen Bann gezogen und ich hatte mich auf ein politisch kritisches, aber leicht geschriebenes Buch gefreut.
Leider änderte sich dies direkt im folgenden Kapitel. Dieses spielt sieben Jahre später, Anfang März 1945, nur Tage bevor die Amerikaner das linksrheinische Köln befreiten und die Nazis alle Brücken ans andere Ufer sprengten. Wir lesen über einen amerikanischen Luftangriff und den Abschuss eines der Flugzeuge. Es waren für mich unendlich viele Fachbegriffe, Bezeichnungen der Flugzeuge, der Bomben und allem möglichen anderen. Es fiel mir sehr schwer aus diesem Kapitel irgendetwas mitzunehmen. Zum Glück wurde es danach wieder etwas einfacher.
Trotzdem bin ich bis zum Schluss mit dem Schreibstil des Autors nicht gut zurecht gekommen. Zwar waren alle folgenden Kapitel nun mit weniger Fachbegriffen gespickt, jedoch war es zum Teil sehr detailliert. Wenn ich mich in Köln nicht wenigstens ein wenig ausgekannt hätte, die großen Plätze und Straßen, dann hätte ich noch mehr Abschnitten nur quer gelesen als ich es irgendwann eh schon getan habe. Bei jeder Fahrt wird ganz genau erzählt, durch welche Straßen gefahren wird, welche Straße wo abgeht, was dort früher stand, wie es dort jetzt aussieht. Es war ein wenig wie ein kommentierter Stadtplan. Im Nachwort erläutert der Autor, dass er mit einem detailliertenStadtplan aus den Jahren gearbeitet hat. Dies finde ich großartig, da es mir zeigt, wie sehr er sich in die Thematik hineingearbeitet hat und wirklich auf Details geachtet hat; jedoch hat er mir von diesen zu viele eingebracht.
Im dritten Kapitel kehrt Joseph Salomon nun als amerikanischer Soldat Joe Salmon in sein Köln zurück. Er soll dort für seinen Vorgesetzten einen mit einem Fallschirm abgesprungenen amerikanischen Soldaten aus dem letzten Fliegerangriff finden. Zusätzlich zu dieser Suche macht Joe sich jedoch privat auf die Suche nach seinen Freunden Jakub und Hilda. Unterstützt wird er dabei von George Orwell, der damals noch nicht der bekannte Schriftsteller war, den wir kennen, sondern als Kriegsjournalist in Deutschland unterwegs. Auch dieses Detail sowie einige andere Personen und Geschehennisse hat der Autor akribisch recherchiert, was mir sehr gut gefällt. Manches hat er im Kontext des Romans angepasst - geschichtlich sehr gut bewanderten Leser:innen wird dies auffallen, den meisten von uns eher nicht. Für mich passt das so. Orwell empfand ich, wie eigentlich die meisten nicht-Nazi Charaktere des Buches, als sehr sympathisch. Hier kam dem Autor seine offensichtliche Liebe zum Detail sehr entgegen, da die Charaktere für mich alle vielschichtig, glaubwürdig und meist sympathisch dargestellt waren. Ich konnte mich meist in sie reindenken oder fühlen oder zumindest in Angesicht der Situation einigermaßen nachvollziehen, warum sie wie wann gehandelt haben.
Beide Suchen gestalten sich für Joe sehr kompliziert. Niemand hat wirklich etwas gesehen, gehört oder will einfach niemanden an die Amerikaner verraten. Der Argwohn ist groß. Vor allem bei der Suche nach seinem jüdischen Freund kommt Joe oft wenig voran. Wobei mir irgendwann klar war, was passiert sein muss und ich behielt hiermit auch recht. Trotzdem hat der Autor es gut aufgezogen, sodass ich mir bis zur Auflösung nicht ganz sicher sein konnte - offensichtlich war es irgendwie trotzdem. Die Entwicklung um den verschwundenen Soldaten war für mich weniger zu durchschauen, am Ende jedoch auch schlüssig und zeigte mal wieder wie eine Hand die andere wäscht.
Alles in allem haben mir sowohl die Charaktere als auch die Idee zur Geschichte sehr gefallen. Jedoch war das Tempo wirklich langsam und die vielen Details, vor allem jedes Mal bei den Fahrten von A nach B so langatmig und zäh, dass ich irgendwann begonnen hatte Abschnitte nur noch zu überfliegen. Schade. Auch wurde es dadurch für mich nie wirklich spannend, obwohl das Buch dafür doch reichlich Potential gehabt hätte. Man erkennt es auch daran, dass ich für das Buch insgesamt zwei Wochen gebraucht habe und nie den Punkt erreicht habe, wo es mich in seinen Bann ziehen konnte.
10 von 15 Punkten
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