Aus aktuellem Anlass eine Rezension zu einem wichtigen Buch. Eine Rezension, die ein wenig anders ist, denn über dieses Buch kann man nicht schreiben, wie über einen Roman.
Bibliographische Angaben
Autorin: Hédi Fried, Übersetzerin: Susanne Dahmann
Titel: Fragen, die mir zum Holocaust gestellt werden, Originaltitel: Frågor jag fått om Förintelsen
Reihe: -
Erschienen am: 19.08.2019
Format: gebunden
Seiten: 160
Seiten: 160
Preis: 18,- €
Zur Autorin:
Hédi Fried wurde 1924 in Rumänien geboren und ist eine der wenigen noch verbliebenen Überlebenden des Holocaust. 1945 immigrierte sie nach Schweden. Sie ist Psychologin und Autorin und besuchte viele Schulen und Universitäten, wo sie offen auf Fragen der jungen Menschen antwortete. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Ehrungen, unter anderem das Verdienstkreuz erster Klasse der Bundesrepublick Deutschland. [Vergleiche: https://www.dumont-buchverlag.de/autor/hedi-fried/, 10.10.2019, 18:48 Uhr]
Zum Cover:
Das
Cover ist sehr schlicht gehalten und zeigt nur den schwarzen Titel auf hellpetrol-farbenem Untergrund. Und es ist absolut ausreichend. Der Titel ist Grund genug, das Buch in die Hand zu nehmen, es zu kaufen oder zu leihen und zu lesen. Diese Umsetzung gefällt mir daher außerordentlich gut.
Zum Buch:
Dieses Buch ist eine Sammlung der Fragen (wahrscheinlich waren es noch viel mehr als diese), die Hédi Fried an den verschiedenen Schulen und Universitäten gestellt wurden und die sie stets bemüht war, ehrlich zu beantworten. Manchmal fallen die Antworten länger aus, manchmal holt sie aus, berichtet noch von anderen Geschehennissen, die ihre eigentliche Antwort auf die Frage begreiflicher machen und Empahtie und Verständnis wecken sollen. Ich denke, dass man einige Fragen einfach nicht vernünftig kurz und knapp beantworten will. Da ginge zu viel verloren, zu viel, das zu dieser Antwort geführt hat oder die Antwort ist einfach zu komplex.
Und dann gibt es diese eine Frage, die heraussticht, da ihre Antwort einfach nur eine halbe Seite lang ist und doch ist sie so wichtig:
"Können Sie vergeben?" [S.129]
Der letzte Satz dieser halben Seite sollte uns allen bewusst sein und ist, wie ich finde, einer der wichtigsten des Buches. "Was wir heute tun können, ist, dafür zu arbeiten, dass es niemals wieder geschehen wird." [S. 129, auf die Frage "Können Sie vergeben?"] Und leider wird uns immer noch gezeigt, dass wir weiterhin viel Arbeit haben.
Bei manchen Fragen mag man sich wundern, wie so etwas gefragt werden kann, ob die Antwort nicht selbstverständlich wäre oder die Frage schnell als unangebracht oder dumm abtun. Aber man sollte stets beachten, dass die Fragen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, vielleicht zum Teil sogar noch von Kindern kamen und Hédi Fried schreibt selbst, dass es keine dummen Fragen gibt, keine Fragen, die nicht gestellt werden sollten, denn jede gestellte Frage gibt einen tieferen Einblick und gerade diese Antwort könnte bei einem Menschen die endgültige Erkenntnis bringen. Ich finde es wichtig, dass auch diese Fragen es in das Buch geschafft haben.
So lautet eine Frage "Gab es nette SS-Soldaten?" [S.76], eine Frage, die Erwachsene wahrscheinlich nicht offen stellen würden und doch ist es nachvollziehbar, dass sie von jungen Menschen gestellt wird. Kindern, zum Beispiel, die noch grundsätzlich an das Gute im Menschen glauben und deren Lebenserfahrung zum Glück (meistens) noch nicht weit genug reicht.
Die wahrscheinlich merkwürdigste Frage war für mich und wie man der Antwort entnehmen kann auch für die Autorin "Was war am besten?" [S. 83]. Eine Frage, die mich als Grundschullehrerin nicht überrascht, die sich aber absolut Fehl am Platz anhört, auch wenn wir dabei bleiben, dass es keine dummen Fragen gibt. Auch Hédi Fried fragt zu Beginn ihrer Antwort: "Am besten? Kann irgendwas am besten gewesen sein? Als ich diese Frage gestellt bekam, war ich verwirrt." [S. 83, auf die Frage "Was war am besten?"] Und doch teilt sie auf den nächsten Seiten eine kleine Anekdote, die ihr damals Freude bereitet hat und Hoffnung gab.
Es sind vor allem diese persönlichen Anektdoten, die vielen kleinen Details, die Empfindungen und Erfahrungen, der Blick hinter die Kulisse, die dieses Buch so wichtig machen. Natürlich sind Sachbücher zum Thema wichtig und geben sicherlich zu manchen Aspekten einen anderen, politisch und historisch korrekteren Blick auf die Geschehennisse und erlauben Experten wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen, aber der Großteil unserer Gesellschaft, in Deutschland und im Ausland, ist nunmal kein Experte. Wir sind Menschen, die sich mit Hilfe von Emotionen und einfach beschriebenen Erlebnissen besser indentifizieren können, besser verstehen und nachvollziehen können. Und am Ende schneller zu der Einsicht kommen "So nicht!".
Fazit:Und dann gibt es diese eine Frage, die heraussticht, da ihre Antwort einfach nur eine halbe Seite lang ist und doch ist sie so wichtig:
"Können Sie vergeben?" [S.129]
Der letzte Satz dieser halben Seite sollte uns allen bewusst sein und ist, wie ich finde, einer der wichtigsten des Buches. "Was wir heute tun können, ist, dafür zu arbeiten, dass es niemals wieder geschehen wird." [S. 129, auf die Frage "Können Sie vergeben?"] Und leider wird uns immer noch gezeigt, dass wir weiterhin viel Arbeit haben.
Bei manchen Fragen mag man sich wundern, wie so etwas gefragt werden kann, ob die Antwort nicht selbstverständlich wäre oder die Frage schnell als unangebracht oder dumm abtun. Aber man sollte stets beachten, dass die Fragen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, vielleicht zum Teil sogar noch von Kindern kamen und Hédi Fried schreibt selbst, dass es keine dummen Fragen gibt, keine Fragen, die nicht gestellt werden sollten, denn jede gestellte Frage gibt einen tieferen Einblick und gerade diese Antwort könnte bei einem Menschen die endgültige Erkenntnis bringen. Ich finde es wichtig, dass auch diese Fragen es in das Buch geschafft haben.
So lautet eine Frage "Gab es nette SS-Soldaten?" [S.76], eine Frage, die Erwachsene wahrscheinlich nicht offen stellen würden und doch ist es nachvollziehbar, dass sie von jungen Menschen gestellt wird. Kindern, zum Beispiel, die noch grundsätzlich an das Gute im Menschen glauben und deren Lebenserfahrung zum Glück (meistens) noch nicht weit genug reicht.
Die wahrscheinlich merkwürdigste Frage war für mich und wie man der Antwort entnehmen kann auch für die Autorin "Was war am besten?" [S. 83]. Eine Frage, die mich als Grundschullehrerin nicht überrascht, die sich aber absolut Fehl am Platz anhört, auch wenn wir dabei bleiben, dass es keine dummen Fragen gibt. Auch Hédi Fried fragt zu Beginn ihrer Antwort: "Am besten? Kann irgendwas am besten gewesen sein? Als ich diese Frage gestellt bekam, war ich verwirrt." [S. 83, auf die Frage "Was war am besten?"] Und doch teilt sie auf den nächsten Seiten eine kleine Anekdote, die ihr damals Freude bereitet hat und Hoffnung gab.
Es sind vor allem diese persönlichen Anektdoten, die vielen kleinen Details, die Empfindungen und Erfahrungen, der Blick hinter die Kulisse, die dieses Buch so wichtig machen. Natürlich sind Sachbücher zum Thema wichtig und geben sicherlich zu manchen Aspekten einen anderen, politisch und historisch korrekteren Blick auf die Geschehennisse und erlauben Experten wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen, aber der Großteil unserer Gesellschaft, in Deutschland und im Ausland, ist nunmal kein Experte. Wir sind Menschen, die sich mit Hilfe von Emotionen und einfach beschriebenen Erlebnissen besser indentifizieren können, besser verstehen und nachvollziehen können. Und am Ende schneller zu der Einsicht kommen "So nicht!".
Zwei Zitate als Fazit des Buches, obwohl es so viel mehr zu sagen und zu zitieren gäbe:
"Das, was einmal passiert ist, kann wieder passieren - nicht auf dieselbe Weise, aber mit ähnlichen Ergebnissen. Wenn wir auf die Entwicklung der Geschichte zurücksehen, können wir festestellen, dass eine Generation genügt, um die Erfahrungen früherer in Vergessenheit geraten zu lassen." [S. 154, auf die Frage: "Könnte es wieder passieren?"]
"Bald wird es die Augenzeugen nicht mehr geben, und um zu verhindern, dass der Holocaust wieder geschieht, müssen ihre Erzählungen weitergetragen werden." [S. 156, auf die Frage: "Könnte es wieder passieren?"]
Leseempfehlung:
Bitte lest es.
Noch ein kleiner Tipp (bezahlt mir auch keiner und habe ich auch noch nicht gelesen, aber es liegt schon hier): Hédi Fried hat bereits das Buch "Fragmente meines Lebens; ein Leben bis Auschwitz und ein Leben danach" veröffentlicht. Momentan ist es kaum zu haben, da es nicht weiter verlegt wurde. Jedoch kann man es sich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung kostenlos bestellen! Mehr dazu im externen Link.
Rating:Noch ein kleiner Tipp (bezahlt mir auch keiner und habe ich auch noch nicht gelesen, aber es liegt schon hier): Hédi Fried hat bereits das Buch "Fragmente meines Lebens; ein Leben bis Auschwitz und ein Leben danach" veröffentlicht. Momentan ist es kaum zu haben, da es nicht weiter verlegt wurde. Jedoch kann man es sich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung kostenlos bestellen! Mehr dazu im externen Link.
5 von 5 Büchern
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