Donnerstag, 20. Juni 2019

Buchrezension: Thomas Harris "Cari Mora"

[Werbung, kostenloses Rezensionsexemplar des Bloggerportals]

Dieses Buch wurde mir über bloggerportal.de vom Heyne-Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt. Die folgende Rezension zeigt meine persönlichen Meinung und wurde dadurch nicht beeinflusst. 

Thomas Harris "Cari Mora"

 (© Heyne)

Bibliographische Angaben
Autor: Thomas Harris, Übersetzerin: Imke Walsh-Araya
Titel: Cari Mora Originaltitel: Cari Mora
Reihe: -
Erschienen am: 20.05.2019
Format: gebunden
Seiten: 336
Preis:  22,-€   

Zum Autor:
Thomas Harris ist den meisten von uns durch seine sehr erfolgreiche Reihe um Hannibal Lecter bekannt. Der Autor arbeitete zunächst als Journalist und schrieb hauptsächlich über Gewaltkriminalität in den USA und Mexiko. Anschließend arbeitete er als Reporter und Redakteur bei der Associated Press in New York, bevor er anfing Bücher zu schreiben. Vor dem aktuellen Buch erschienen bereits die vier Bände der Hannibal-Reihe sowie der stand-alone "Schwarzer Freitag". [Vergleiche: https://www.randomhouse.de/Autor/Thomas-Harris/p109730.rhd , 20.06.2019, 15:24 Uhr]

Zum Cover:
Das Cover des gebundenen Buches ist wirklich gelungen. Die Grundfarbe ist ein rot-schwarz und darauf befindet sich eine gelb-orangene Prägung eines Krokodils, eines Papageien und diverser Pflanzen. Beide Tiere spielen auch eine Rolle in der Geschichte. Die Prägung hebt sich vom Hintergrund ab und fühlt sich rau an. Die Haptik ist richtig klasse. Auch der Name des Autors sowie der Titel stehen etwas hervor, sind jedoch glatt, nicht rau geprägt. Mir gefällt der Einband somit richtig gut! Das Buch selbst ist in gelbes Leinen gebunden, kommt aber ohne Lesebändchen. Ich brauche eigentlich auch kein Lesebändchen, finde aber, dass es zu dieser hochwertigen Ausgabe gut gepasst hätte.

Zum Buch:
Ich beginne dieses Mal mit der Seitenzahl: 336 Seiten werden überall genannt, was in Ordnung scheint. Blättert man dann in dem Buch, stellt man jedoch schnell fest, dass der letzte Teil eine Leseprobe für "Das Schweigen der Lämmer" ist und die eigentliche Geschichte zu "Cari Mora" nur 275 Seiten beträgt. 275 Seiten! Das hat mich direkt schockiert, denn das ist wirklich sehr wenig für ein Buch, das so lange auf solch umfangreiche Weise angekündigt und so viele Erwartungen geweckt hat. Außerdem stellt sich für mich die Frage, ob diese Leseprobe wirklich notwendig ist? Lesen nicht eher Leser "Cari Mora" direkt nach dem Erscheinen, die die Bücher von Thomas Harris bereits kennen? Und braucht ein so erfolgreiches Buch wie "Das Schweigen der Lämmer" wirklich den Platz einer Leseprobe? Für mich ist sie hier völlig Fehl am Platz und verschleiert die tatsächlich Anzahl an Seiten des Buches!

Als nächstes etwas, was ich auch selten einfüge, die Kurzbeschreibung:

"Hannibal Lecter hat einen Nachfolger. Er ist erbarmungslos. Und er kann dich fühlen. 

Die Schreie einer Frau sind Musik in seinen Ohren. Er ist groß, blass, haarlos, und wie ein Reptil liebt er die Wärme. Menschen begegnen ihm mit Angst und Ekel. Er ist daran gewöhnt. Denn wenn sie das Monster in ihm erkennen, ist es meist zu spät. Bis der Killer sich Cari Mora aussucht. Die junge Frau hat keine Angst vor dem Grauen und wagt es, dem Dämon ins Auge zu blicken."

Nun aber zu meiner Meinung bezüglich des Inhalts.

In dem Buch gibt es zahlreiche Charaktere, dass es mir schwerfiel zu erkennen, welcher denn nun der Hauptcharakter ist. Bereits der Titel des Buches und die Kurzbeschreibung stellen zwei sehr unterschieldiche Personen in den Vordergrund: Der beschriebene Mann, Hans-Peter Schneider, sowie die junge Kolumbianerin Caridad "Cari" Mora, die in den USA lediglich geduldet ist und keine feste Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Cari diente in ihrem Land als Kindersoldatin und flüchtete als Teenager mit Hilfe eines ehemaligen Gefangenen in die USA. Dort lebt sie zusammen mit ihrer Cousine, deren Baby und der pflegebedürftigen Tante, hilft diese zu pflegen, arbeitet in einer Tierstation und zusätzlich als House-Sitter. Eine starke junge Frau, die in ihrem aktuellen House-Sitter Job zwischen die Lager zweier Banden gerät, die im Haus einen Tresor mit Gold lokalisiert haben, den es nun zu heben gilt.

Die eine Bande wird von Hans-Peter Schneider angeführt, der außerdem junge Frauen verstümmelt und an perverse Auftraggeber verkauft. Die andere Bande besteht aus diversen Latinos, die sich mit allem was unsere vorurteilsvolle Gesellschaft sich vorstellen kann, finanziert und die eine schöne Mischung aus "Weniger Bösen" und "Sehr Bösen" bildet.

Und die Erzählung an sich? Tja... 
Es gibt Kapitel, die in Caris Vergangenheit spielen und die dem Leser zeigen, was sie bereits alles erlebt hat und wie skrupellos auch sie sein kann, dabei aber auch immer wieder freundlich, hilfsbereit und fürsorglich gegenüber Schwächeren. Sie zeigen ihren Gerechtigkeitssinn, aber auch ihre gelernte Fähigkeit zu töten.
Dann widerum gibt es Kapitel, die in Kolumbien spielen und die Latinos beleuchten und den in Amerika spielenden Teil, im Haus des ehemaligen Drogenbosses Pablo Escobar, in dem sich der Safe mit dem Gold befindet, der jedoch sehr gut gesichert ist.

Viel Geschichte für sehr wenige Seiten, wie man bereits merkt! Die einzelnen Charatere werden daher auch unterschiedlich intensiv beleuchtet und vor allem Hans-Peter Schneider, der ja laut Kurzbeschreibung die Schlüsselfigur ist, wird so richtig ausführlich nicht dargestellt. Zwischendurch hatte ich ihn sogar ganz vergessen und hielt ihn für einen Nebencharakter! Aber auch Cari verliert sich in manchen Pasagen des Buches völlig und man vergisst auch welche Rolle sie denn spielt oder spielen soll. 

Zwischendurch gibt es immer wieder Schießereien, Mord und Leichen. Aber alles eher hektisch, was dazu führt, dass es auch schnell aus dem Gedächtnis des Lesers verschwindet. Ähnlich verhält es sich mit den Verstümmelungen durch Schneider. Sie werden so kurz und knapp erwähnt und nur gegen Ende dann noch etwas ausführlicher aufgegriffen, dass sie für mich auch nur eine Facette der Geschichte waren und keinesfalls zentral. 

Der Schluss dieses Buches ermöglicht es dem Autor die Figur "Cari Mora" in einem weiteren Buch vorkommen zu lassen, jedoch eher weniger die Figur "Hans-Peter Schneider". Da stellt sich für mich die Frage, was der Autor damit bezweckt? Wusste er nicht wohin er mit dem Buch wollte? Wer ist die eigentliche zentrale, wichtige Figur seiner Geschichte ist? Warum der Titel "Cari Mora" und in der Kurzbeschreibung "Hans-Peter Schneider"? Um wen geht es hier eigentlich wirklich?

 
Fazit:
Ich habe noch nie eine Rezension geschrieben, bei der ich am Ende so viele offene Fragen hatte. Und auch noch so elementare Fragen. Nicht nur "Geht es weiter?" oder "Wie geht es weiter?", sondern ganz konkret "Um wen ging es hier eigentlich?" und "Was wollte der Autor mit dieser Geschichte?". 

Damit mich keiner falsch versteht: Schlecht fand ich das Buch nicht. Aber es war einfach zu vollgepackt mit Orten, Personen und Handlungen für gerade einmal 275 Seiten. Zudem ist für mich nicht richtig klar, wer der Hauptcharakter ist und der Titel in Zusammenhang mit der Kurzbeschreibung sowie dem Inhalt, werfen nur noch mehr Fragen auf. Wer dann das Buch liest und das Ende kennt, ist bezüglich der Kurzbeschreibung noch verwirrter. 

Und es stelllt sich eine weitere Frage für mich: Sollte das ein stand-alone werden oder wird die Geschichte um Cari Mora fortgeführt? Es würde sich anbieten. Ich fände es interessant, mehr über sie zu erfahren und sie weiterhin zu begleiten, denn dieses Buch ist für mich eher ein Prequel, dessen Kurzbeschreibung dringend verändert werden sollte. 

Außerdem, dies ist aber nun Kritk am Marketing nicht am Buch, sollte das Buch Abstand nehmen von Hannibal Lecter. Ja, es ist derselbe Autor und es ist verständlich, dass man ihn nach so vielen Jahren irgendwie wieder in den Fokus der Leser bringen muss, denn der Markt ist groß und nicht alle Leser verbinden den Namen direkt mit dem richtigen Buch. Aber nein, inhaltlich und von ihrer Intensität her, haben die Bücher rein gar nichts miteinander zu tun und es tut dem Buch nicht gut, dass es ständig und sogar auf seinem eigenen Einband mit dem großartigen Lecter in Verbindung gesetzt wird. Ich glaube, das Buch würde auf den zahlreichen Bewertungsplattformen anders abschneiden, wenn die Erwartungen nicht so stark in Richtung Hannibal gelenkt worden wären. Wenn wir ehrlich sind: Welches Buch hätte gegen das Meisterwerk um Hannibal Lecter eine Chance gehabt?


Leseempfehlung:
Bezüglich einer Leseempfehlung möchte ich mich in diesem Fall nicht äußern. Ich denke, wer durchgehalten hat und diese doch lange Rezension gelesen hat, wird sich seine eigene Meinung gebildet haben und kann sehr gut für sich entscheiden, ob er dem Buch eine Chance gibt oder nicht.

Rating:




3 von 5 Büchern

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